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Die Plattform Clio Zweipunktnull reagiert auf die digital transformierten Lebens- und Alltagswelten, in denen sich auch die Geschichtswissenschaft bewegt und aus denen heraus sie zunehmend herausgefordert wird:

Das betrifft zum einen Fragen der akademischen Lehre und Vermittlung, etwa wenn die Geschichtswissenschaft als sehr stark textbasierte Fachdisziplin (sowohl auf der Ebene der Quellen als auch auf der Ebene der Darstellungen) mit Studierenden arbeitet, deren Lernerfahrung und Lernverhalten in hohem Maße von audiovisuellen Medien (z.B. social media, YouTube) geprägt ist.

Es betrifft aber auch die Forschung, die sich zunehmend mit der Erwartung und Notwendigkeit konfrontiert sieht, ihre Arbeit digital zu begleiten – fachspezifisch etwa in Form von digitalen Quelleneditionen, Forschungsplattformen und reflexiven methodischen Diskussionen über die Chancen und Probleme der digital humanities.

Nicht zuletzt berührt es ein drittes Feld, das auch eine Fachwissenschaft – neben den Feldern Forschung und Lehre – zunehmend in den Blick nehmen muss: das Feld der Wissenschaftskommunikation und des Arbeitens in eine außerwissenschaftliche Öffentlichkeit hinein. Diese Kommunikation ist zunehmend von einer Pluralität von Ansichten und einem Misstrauen gegenüber Wissenschaft allgemein, aber auch gegenüber Geschichtswissenschaft im Konkreten geprägt, wenn Historiker*innen (wie etwa im Falle der Historikerkommission zur Bombardierung von Dresden) zu Befunden gelangen, die einem geschichtskulturellen Topos widersprechen.

Historikerinnen und Historiker reagieren auf diese Entwicklungen, indem sie sich verstärkt Logiken von Kommunikationsmedien aneignen, die über ihr klassisches Genre, den wohlgesetzten wissenschaftlichen Text, hinausgehen. Sie bewegen sich auf Facebook und Twitter, einige auch auf Instagram, oder sie denken über das Erstellen von Webclips für YouTube und andere Plattformen nach oder bieten Podcasts an. Sie denken forschungsspezifisch über die methodischen, d.h. quellenkritischen Herausforderungen von digital-born-Quellen nach und setzen sich mit den Chancen und Grenzen digitalisierter Quellenbestände auseinander.

Bei all dem verschwimmen die Grenzen zwischen Forschung und Lehre einerseits: Im Rahmen etwa des Scholarship of Teaching and Learning werfen Historiker*innen einen forschenden Blick auf die eigene Lehre und die Interaktion mit Studierenden. Diese in den Geisteswissenschaften international wachsende Strömung fasst auch an deutschsprachigen Historischen Seminaren Fuß. Es verschwimmen aber auch zunehmend die Grenzen zwischen Universität und außeruniversitärem Diskussionsraum: Wissenschaft begibt sich in Kommunikationszusammenhänge und in Medien, in denen sie von außeruniversitären Akteuren herausgefordert wird. Auf diese Begegnung gibt es bisher kaum einen forschenden Blick, der aber dringend entwickelt werden muss, wenn sich die Geschichtswissenschaft in dieser Kommunikation mit den ihr eigenen Stärken behaupten will.

Das Projekt Clio Zweipunktnull bildet vor diesem Hintergrund eine zentrale Plattform, um einerseits Beiträge von Mainzer Historiker*innen (und anderen Beteiligten/Interessierten), diesen Grenzauflösungen in Forschung, Lehre und Wissenschaftskommunikation näherzukommen, zu dokumentieren und zu bündeln und andererseits ein Forum anzubieten, die Diskussion über die Grenzen der JGU Mainz hinaus zu tragen, zu intensivieren und zu vernetzen.